Agrar- und Ernährungpolitik der ÖDP Saar
Es ist im Saarland von der so notwendigen Wende hin zu einer nachhaltigeren Agrarpolitik bislang leider kaum etwas zu spüren. Der Rekord-Sommer 2018 mit seiner Trockenperiode und dem massiven Ausfall landwirtschaftlicher Produktion hat drastisch gezeigt, dass der Klimawandel nicht nur vor der eigenen Haustür beginnt, sondern auch nicht vor ihr halt macht. Das Saarland ist traditionell aufgrund seiner großen Wald- und Grünflächen gut aufgestellt, Waldflächen sind die hauptsächliche Landnutzung im Saarland. Laubwälder, Nadelwälder und Mischwälder bedecken rund 40% der Landesfläche. Landwirtschaftliche Flächen stellen einen ähnlich großen Anteil wie die Wälder, mit ebenfalls rund 40%. Überbaute Flächen wie Siedlungen, Industrie- und Eisenbahnanlagen bedecken rund 18% der Landesfläche. Den Großteil der landwirtschaftlichen Flächen machen Wiesen und Weiden mit 23%. Wiesen und Weiden werden hauptsächlich zur Futtergewinnung und Bewegung von Vieh genutzt. Nicht bewässertes Ackerland belegt rund 15% der Landesfläche und umfasst unter anderem Flächen zum Anbau von Getreide, Gemüse und Futter-und Industriepflanzen. Landwirtschaftlich genutztes Land mit Flächen natürlicher Bodenbedeckung repräsentieren rund 1% der Landesfläche. Trotzdem ist das Saarland kein Land mehr, in dem unbegrenzt Kuh-Milch und Bienen-Honig fließen. Und auch das Holz vor der Hütte wird zum Problem, wenn es übermäßig und nicht sachgemäß in Kleinerfeueranlagen verheizt wird.
Dazu ein paar Beispiele: Auch wenn die Anzahl der Öko-Bauern pro Kopf im Saarland die höchste in Deutschland ist - insgesamt wirtschaften wir dennoch gegen die Interessen der Natur. Außerdem ist die Biodiversität akut gefährdet. Es verschwinden bereits die Insekten, Bienen, Vögel und viele Kleinsäuger. Neben dem Luft- kommt auch der Gewässerschutz im Saarland nicht voran: Die Umsetzung der EG-Wasser-Rahmenrichtlinie wird auch bis 2021 nicht gelingen und die Zielerreichung ist mit den bisherigen Strategien und Grenzwerten auch bis 2027 unwahrscheinlich. Massentierhaltung und das damit verbundene Nitrat im Trinkwasser gefährden uns alle. Außerdem schreitet die Landschaftszersiedelung durch Wohn- und Gewerbeflächen schreitet weiter voran und damit geht der Rückgang der dringend für die ökologische Wende benötigten Landwirtschaftsfläche einher, genauso wie ein wachsender Bedarf an individueller (sprich umweltschädlicherer) Mobilität.
Die ÖDP Saar sieht hier akuten Handlungsbedarf und schlägt daher folgende realistische Maßnahmen vor:
1. Es muss mehr für den Erhalt der Biodiversität auch im Saarland getan werden! Die Landwirtschaft im Saarland muss stärker mit Klima- und Umweltschutz sowie mit Biodiversität und Tierwohl verknüpft werden! Ökologie und Landwirtschaft sind keine Gegensätze, sondern natürliche Verbündete!
2. Wir brauchen eine Anpassung der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU an die realen Lebensumstände. Der Erhalt der Biodiversität muss mit Fördermitteln belohnt werden. Die Direktzahlungen an Landwirte sind entsprechend anzupassen. Die Spitzenposition im Ökolandbau pro Kopf ist eine gute Grundlage, die weiterhin ausgebaut werden muss.
3. Zugleich unterstützen wir die Ansiedelung von Betrieben im Bereich des ökologischen Ackerbaus und der nachhaltigen Erzeugung von gesunder Ernährung.
4. Der durchschnittliche Fleischverbrauch ist im Saarland aus ethischen, gesundheitlichen und klimatischen Gründen zu hoch (84kg/Jahr im Vergleich zu empfohlenen 24kg/Jahr). Der Preis von Fleisch- und Molkereiprodukten muss die ökologische Wahrheit sagen, womit auch die Folgekosten des Verbrauchs tierischer Produkte angezeigt werden würde. Die Auswirkungen des Fleischkonsums auf das Klima sind erwiesenermaßen groß und müssen dringend reduziert werden. Mit einer ehrlichen Kostenrechnung lässt sich dieses Problem lösen. Wer schädliche Treibhausgase verursacht und Wasser verschmutzt, muss dies auch in seine Preiskalkulation einbeziehen. Gilt diese Regele für alle, muss niemand Nachteile im Wettbewerb befürchten. Zugleich werden so Anzeige für eine umweltfreundlichere Produktionsweise gesetzt. Billigfleisch und Billigmilch würden dann 'verteuern', der Konsum würde sich entsprechend anspassen. Da dies eine klare Aufgabe der Politik ist, unterstützen wir eine saarländische Initiative für Maßhalten und vernünftigen Konsum. Wir sind klar gegen Verbote, aber dringend für eine stärkere Aufklärung, die schon im Kindergarten beginnt. Dabei geht es nicht nur um unsere Umwelt, sondern auch um unsere eigene Gesundheit.
5. Zum Wohle der Nutztiere sollte es einen verantwortungsvollerem Umgang mit dem Verzehr von Fleisch geben, was als gesellschaftliches Ziel festgeschrieben werden sollte.
6. Mit dem Rückgang des Fleischverbrauchs kann Weideland, das hierdurch nicht mehr als Grundlage für die Fleischproduktion nötig ist, für die Biodiversität eingesetzt werden.
7. Ein Teil der so wiedergewonnenen Grünflächen kann zur Gewinnung von Biomasse für die nachhaltige Energieerzeugung verwendet werden.
8. Landwirtschaftsfläche soll hingegen nicht mehr für Gewerbe- und Wohngebiete verwendet werden, die Vermeidung weiteren Flächenfraßes und der Landschaftszersiedelung (vgl. Satz 85 Europaprogramm) ist unabdingbar!
9. Öko-Lebensmittel sollen bei der Berechnung des sozialen Warenkorbs mit einbezogen werden.
10. Lebensmittelverschwendung muss vermieden und durch konkrete Maßnahmen endlich effektiv eingedämmt werden (siehe WWF-Studie 'Das große Wegschmeißen').
11. Strengere Regulierungen und Kontrollen des konventionellen Anbaus, Düngermenge und Pestizidausbringung, sind erforderlich.
12. Eine Netto-Null-Flächeninanspruchnahme, d.h. Re- und Upcycling von Altflächen, eine Neuregelung interkommunaler Zusammenarbeit bei Gewerbeflächen bzw. der Verteilung der Gewerbesteuer muss eingeführt und umgesetzt werden.
13. Wir wollen die Insekten- und Bienenpopulationen wieder vermehren! Dies sollte mit gezielten Modellprojekten in umgewandeltem Weideland ausgestaltet werden. Wir fordern einen umfassenden saarländischen 'Bienen-Aktionsplan'!
14. Zugleich fordern wir eine umfassende Eindämmung des Verkaufs und der Verwendung kommerziell und privat eingesetzter Biozide.