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Pressemitteilung

Interview mit der saarländischen EU-Abgeordneten Manuela Ripa in der Saarbrücker Zeitung: „Durch weniger Pestizide schützen wir unsere Gesundheit“

Die Landwirte laufen Sturm gegen die geplante Pflanzenschutz-Verordnung der EU. Warum die saarländische Europa-Abgeordnete Manuela Ripa die Pläne grundsätzlich für richtig hält.

Die Juristin Manuela Ripa ist die einzige saarländische Abgeordnete im Europäischen Parlament. Sie sitzt für die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP) im Parlament. Im SZ-Interview erklärt sie, warum sie das Ansinnen der EU-Kommission, die Nutzung chemischer Pestizide drastisch zu reduzieren, für richtig hält und was sie vom Widerstand der Landwirte hält.

Die EU-Kommission will den Einsatz chemischer Pestizide bis 2030 um die Hälfte reduzieren. Geht der Entwurf für die Pflanzenschutz-Verordnung aus Ihrer Sicht in die richtige Richtung?

RIPA Grundsätzlich geht er in die richtige Richtung. Zahlreiche Studien der Europäischen Umweltagentur, der EU- Ökosystembewertung und der Forschung besagen, dass das jetzige System, wie wir Landwirtschaft betreiben, nicht nachhaltig ist. Chemische Pestizide sind ein wesentlicher Bestandteil der heutigen industriellen Landwirtschaft und es ist eindeutig belegt, dass sie die menschliche Gesundheit schädigen, zum dramatischen Rückgang der biologischen Vielfalt in landwirtschaftlichen Gebieten führen sowie Luft, Wasser und die Umwelt kontaminieren. Ein Nichthandeln und ein „Weiter so“ mit der alten Richtlinie ist teurer als Handeln. Wir brauchen also definitiv eine Umstellung hin zu einer nachhaltigen und widerstandsfähigen Landwirtschaft und dafür brauchen wir diese neue Pestizidverordnung.

Die Landwirte und die Landesregierung sagen voraus, dass viele Betriebe dadurch in Existenznöte geraten werden. Was sagen Sie den betroffenen Landwirten?

RIPA Den Unmut der Landwirtinnen und Landwirten kann ich absolut verstehen. Daher ist es ganz wichtig, dass die Umstellung zusammen mit den Bäuerinnen und Bauern erfolgt. Ihnen muss dabei stark finanziell geholfen werden. Die Verordnung sieht eine fünfjährige Sondermaßnahme im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) vor, wonach der nachhaltige Einsatz von Pestiziden finanziell durch die GAP unterstützt werden soll. Hier kann das EU-Parlament den Vorschlag auch noch nachbessern, um finanzielle Nachteile abzufedern. Befeuert wird das Unbehagen der Landwirtschaft jedoch auch von Politikern, die Ängste schüren, statt Bäuerinnen und Bauern mitzunehmen.

Wie?

RIPA Zum Beispiel durch die Behauptung, dass durch die Verordnung die Ernährungssicherheit gefährdet wird. Umgekehrt ist es richtig: Durch einen verringerten Einsatz von Pestiziden schützen wir die biologische Vielfalt, unsere Gesundheit, die Natur und die Bestäuber. Es entsteht auch keine Nahrungsmittelkrise, denn die Verordnung würde erst in mehreren Jahren greifen und die Änderungen werden somit erst schrittweise erfolgen.

Sollte das Pestizid-Verbot Ihrer Meinung nach auch Haus- und Nutzgärten umfassen? Die Saar-Regierung interpretiert den Entwurf so, dass sie auch betroffen sind.

RIPA In dem Entwurf für die neue EU-Pestizidverordnung kommen Nutzgärten nur einmal vor und werden dabei explizit vom Anwendungsbereich der Verordnung ausgeschlossen. Der integrierte Pflanzenschutz soll laut Verordnung nur für den professionalen Gebrauch gelten, hier wären also Haus- und Nutzgärten auch nicht betroffen. Jeder Mitgliedsstaat muss der Kommission seinen nationalen Aktionsplan übermitteln, wobei die Mitgliedsstaaten viel Spielraum haben, wie sie zum EU-weiten Reduktionsziel beitragen wollen. Hier könnten einige Staaten grundsätzlich auch Nutzgärten miteinbeziehen. Es liegt somit auch in den Händen der saarländischen Landesregierung, hier entsprechend auf Berlin einzuwirken.

Wann könnte die Verordnung in Kraft treten?

RIPA Ich rechne damit, dass die Verhandlungen noch das ganze nächste Jahr dauern werden und mit einem Verhandlungsergebnis frühestens Anfang 2024 zu rechnen ist. Es handelt sich um ein ganz normales EU-Gesetzgebungsverfahren, wobei das Parlament und der Ministerrat zustimmen müssen und jetzt dabei sind, ihre Positionen zu erstellen. Wir sind erst ganz am Anfang der Verhandlungen.

Erwarten Sie am Entwurf der EU-Kommission noch größere Änderungen im Sinne der Landwirte?

RIPA Der Vorsitzende des Agrarausschusses des EU-Parlaments und einige EU-Abgeordnete haben sich jetzt schon gegen die Verordnung positioniert. Sie lehnen sie ab und fordern ein Moratorium. So wie die Kommission die Verordnung eingebracht hat, wird sie jedenfalls nicht durchgehen. Daher sollten wir alles daransetzen, gemeinsam mit Bäuerinnen und Bauern zu handeln, dabei aber stets das Wohl unseres Planeten als Grundlage auch künftiger Generationen im Auge behalten.

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